Haushaltsrede 2023

12. Dezember 2022

Am 12. Dezember 2022 fand die Haushaltssitzung zum Kreishaushalt 2023 statt. Für die AfD-Kreistagsfraktion sprach der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dr. Harald Bechberger. Die komplette Rede kann man hier nachlesen.

Sehr geehrter Herr Landrat, verehrte Beigeordnete, meine sehr verehrten Damen und Herren,

Ich beginne unsere Haushaltsrede mit einem großen Lob an unseren Kämmerer, Herrn Johannes Vogt, dem es gelungen ist, aus einem unausgeglichenen Plan-Haushalt 2021 mit einer Unterdeckung von locker -6,9 Mio. Euro im Ergebnis ein Plus von 2,7 Mio. Euro zu realisieren, ohne die Tilgungsleistungen auch nur um einen Cent zu schmälern! Sie haben unsere Anerkennung, Herr Vogt. 

Dieser ausgreifende Pendelschlag in den Kreisfinanzen zeigt uns zugleich, wie unberechenbar kommunale Haushalte heute aufgestellt werden müssen. 

Natürlich begrüßen wir es, daß für 2023 wieder ein ausgeglichener Haushaltsentwurf vorliegt, in der Finanzrechnung sogar mit einem operativen Jahresüberschuß von 3,9 Mio. Euro. Auch das Eigenkapital steht mit 84 Mio. immer noch gut im Futter. Wie solide aber sind die Grundannahmen dieser Planung?

Unumgängliches Mittel dazu war ja die Erhöhung der Kreisumlage von 45,0 auf 46,85 % mit Mehrerträgen von gut 8 Mio. EUR. Die Kreisumlage war aber schon vorher zu hoch, über dem Landesdurchschnitt, und dem Bürger ist es letztlich egal, aus welcher Tasche ihm das Geld gezogen wird. 

Wenn die Kreisumlage nun wie vorgeschlagen auf 46,25 % abgesenkt werden soll, muß eine knappe Million EUR Ertragsausfall (0,93 Mio.) kompensiert werden, um bei der schwarzen Null bleiben zu können. Wo also sparen, wenn Erträge andernorts nicht gesteigert werden können? Welchen Handlungsspielraum haben wir überhaupt? 

Noch nie mußten wir mit einer solchen Vielzahl an Unwägbarkeiten planen, die wesentlich auf Fremdsteuerung zurückgehen. Ich nenne nur stichwortartig: explodierende Energiekosten, unberechenbare Gaspreis-Deckelung, hohe Inflation, horrende Mehrkosten beim ÖPNV durch Tarifabschluß und Kraftstoffkosten, aber auch durch das Kita-Gesetz und die hohen Flüchtlings- und Migrantenzahlen. Insgesamt entwickelt sich ein völliges Mißverhältnis von Zuschreibung neuer wachsender Aufgaben und auskömmlicher Landeszuweisungen in einem Ausmaß, daß die kommunale Selbstverwaltung ernsthaft in Gefahr ist. Wir werden zum Hampelmann der Landesregierung.

Der Kommunale Finanzausgleich (KFA) ist schwerkrank. Wir können nicht länger sagen: Was im Gesetz steht, muß auch bezahlt werden. Irgendwann ist Schluß. Ich will nur zwei Teilhaushalte als Beispiel nennen, die sich wie nie-versiegende Füllhorne entwickeln und die größten Löcher in unseren Haushalt reißen. Und da es mir als Betriebswirt widerstrebt, Planzahlen auf der Basis von Planzahlen zu bewerten, ziehe ich das letzte Rechnungsergebnis von 2021 heran. Danach steigen zum Ansatz 2023

  • die Aufwendungen für Soziale Hilfen (Teilhaushalt 12) von gut 58 Mio. (RE 2021) auf 65 Mio. um rund 7 Mio.; im Rechnungsergebnis wächst der Fehlbetrag auf knapp 30 Mio. um 20,3%
  • die Aufwendungen für Jugend und Familie und ein bißchen Sport (Teilhaushalt 14) von 59 auf über 69 Mio. um über 10 Mio. EUR: im Rechnungsergebnis wächst der Fehlbetrag auf über 43 Mio. EUR um 26,5%!

Beide Bereiche liegen uns sehr am Herzen, wir helfen gern. Es geht um Behinderte, Asylbewerber, Erziehungshilfen noch und nöcher, Kindertagesstätten usw. Unsere Anstrengungen sind erheblich und unermüdlich. +++ Und dann lese ich in der Zeitung, daß im Januar 600 „Geflüchtete“ aus Syrien und Afghanistan bei uns im Hahn unterkommen sollen – und den Kommentar einer evangelischen Pfarrerin, wir hätten aus 2015 nichts gelernt und versäumt, Strukturen zu schaffen und nun müsse Geld in die Hand genommen werden. Das ist also der Kommentar der Kirche, die lieber in Rettungsschiffe investiert als ihre Kitas zu sanieren!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, haben Sie sich etwas vorzuwerfen? War etwa unsere Integrationsbeauftragte nicht fleißig genug? Waren Zigtausende Ehrenamtler nicht effektiv? Waren wir zu knausrig? – Ich will diese empörende Bemerkung hier nicht weiter kommentieren.

Ich führe das Beispiel hier aber bewußt an. Wir haben noch nicht unseren Haushaltsplan 2023 verabschiedet und werden schon mit neuen Ausgaben- und Leistungswünschen konfrontiert, ohne überhaupt gefragt zu werden, welche Prioritäten wir politisch setzen wollen in einer Zeit, wo vielen Bürgern die Preise weglaufen und Armut droht, der Sprit für die Schülerbusse unbezahlt wird und wir uns zwingend im Interesse eines ausgeglichenen Haushalts fragen müssen, ob und wo wir kommunale Leistungen zusammenstreichenmüssen und können, um die Steuer- und Abgaben-Last für die Bürger nicht noch weiter steigen zu lassen. Es geht also ums Sparen. Wir halten es daher für angezeigt, uns im nächsten Jahr intensiv mit einer einsparorientierten Aufgabenkritik zu befassen.

Ich komme zum Stellenplan, der für 2023 einen Zuwachs um 29,87 vorsieht – u. a. für den „Pakt“ Gesundheitsdienst, wohl eine angedachte Fortsetzung des Corona-Fehlmanagements der Landesregierung, aber auch für steigende Flüchtlingszahlen, Sozialleistungen usw. – Näheres auf S. 8 des Stellenplans. Meine Damen und Herren, wir hätten dann innerhalb weniger Jahre über 100 neue Stellen geschaffen, die Verwaltungsdichte – also die Zahl der Einwohner je Stelle – würde von 235 (2018) auf 193 (2023) sinken. Jede Stelle müßte dann 42 Bürger weniger verwalten als früher, im Umkehrschluß: sich mit jedem einzelnen Bürger intensiver beschäftigen. Hier wächst ein Verwaltungsschatten hinter jedem Bürger, den wir nicht wollen, der unser Leben immer komplizierter macht – Stichwort Grundsteuer. Diese Entwicklung wollen wir nicht mittragen und vielleicht müssen wir der Sache einmal aufgabenkritisch mit einer OE-Maßnahme auf den Grund gehen. 

  • Seit 2015 (Dr. Bröhr) + 64 + 14,35 (2022) + 29,87 = +108,22 Stellen (Geschäftsbericht: 507 Stellen am 31.12.21)
    • 2023: 551 Stellen / 106.330 EW = 193 Stellen/Ew +++ 2018: 551-108= 443 Stellen / 103.995 Ew = 235 St./Ew

Letzter Punkt: Gebäudeinvestitionen: Ich zitiere aus S. 95 des Jahresabschlusses 2021: „Schaffung und Bereitstellung von ausreichenden räumlichen Kapazitäten für die Verwaltung aufgrund von steigenden personellen Mehranforderungen sowie Digitalisierung“. Interessant: Früher diente Digitalisierung der Rationalisierung. Das wird Millionen kosten. Die wesentlichen Impulse hierzu – Corona und Migration – kommen vom Land. Das sehen wir kritisch. Lieber fördern wir den geschädigten Einzelhandel.

Unsere Fraktion läßt die Frage zum Abstimmverhalten offen – jeder möge nach seinem Gewissen entscheiden. Allen ist aber klar: Ohne Zustimmung verlieren wir für die ersten beiden Quartale den letzten Rest unserer kommunalen Handlungsfähigkeit. Auch wollen wir unserem Landrat die Chance erhalten, die richtigen Ziele im Konsens zu finden. Ich danke Ihnen. – ENDE –

Aus dem öffentlichen Sitzungsprotokoll, gefertigt am 12.01.2023:

Für die AfD-Fraktion erwähnt Herr Dr. Bechberger die steigenden Kosten im Bereich Jugend und Soziales und stellt fest, dass der Haushalt unberechenbar“ sei. Dem Kreiskämmerer Herrn Vogt gebühre großes Lob. Die AfD-Fraktion sehe die Erhöhung der Kreisumlage kritisch, da diese den Kommunen den Handlungsspielraum nehme. Auch gegenüber der Stellenmehrung habe die AfD-Fraktion Bedenken.

Aus der Rhein-Hunsrück-Zeitung vom 14. Dezember 2022

Breite Mehrheit für Bochs ersten Haushalt

Von Thomas Torkler

„… Harald Bechberger nannte den vorgelegten Plan der Verwaltung und vor allem des Kämmerers Johannes Vogt „ein Bravourstück“, angesichts der Unberechenbarkeit von Haushalten. Die Erhöhung der Umlage sei auch für seine AfD-Fraktion ein „unumgängliches Mittel“. Dass diese mit 45 Prozent schon zu hoch gewesen sei, kommentierte der AfD-Sprecher mit den Worten: „Jetzt wird den Bürgern rechts und links aus der Tasche gezogen.“ Bei der Abstimmung lasse die Fraktion das Abstimmungsverhalten offen. Das tat auch die CDU-Fraktion nach einer Sitzungsunterbrechung. …“